Mittwoch, 26.April, 19h30, Lycée Michel Lucius Luxemburg
Der Essayband eröffnet ein Fenster zum Verständnis des Unvorstellbaren, das gerade in der Ukraine geschieht. Ergreifend und analytisch messerscharf führt die Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Tanja Maljartschuk vor, was die kriegerische Expansionspolitik Russlands mit einem Land und seinen Menschen anrichtet. Und das nicht erst seit 2022, sondern seit über einem Jahrzehnt.
Was bedeutet es, aus einem Land zu stammen, dessen Existenzrecht aggressiv infrage gestellt wird? Wie kann eine Nation unter diesen Umständen zu sich selbst finden? Wie soll man umgehen mit dem Schmerz und der Wut und der Sprachlosigkeit, die der Krieg Tag für Tag heraufbeschwört? All diesen Fragen geht Tanja Maljartschuk in ihren Essays nach: mal analytisch und gefasst, mal verzweifelt, immer wieder aber auch spöttisch und voller Humor.
Die ältesten Texte stammen von 2014 – der Zeit der Maidan-Proteste –, die für die Ukraine Hoffnung und Aufbruch, aber auch die verbrecherische Annexion der Krim bedeutete. Die neusten Texte reagieren auf das, was aktuell tagtäglich in der Ukraine geschieht: der Kampf ums Überleben, um die eigene Würde, Geschichte und Integrität. Nach der Lektüre des Bandes wird vor allem eines deutlich: Gerade wenn Brutalität und Barbarei sprachlos machen, eines darf nicht enden: das darüber Erzählen. Zeugnis ablegen. Widersprechen.
Tanja Maljartschuk, 1983 in Iwano-Frankiwsk, Ukraine geboren, studierte Philologie an der Universität Iwano-Frankiwsk und arbeitete nach dem Studium als Journalistin in Kiew. 2009 erschien auf Deutsch ihr Erzählband »Neunprozentiger Haushaltsessig«, 2013 ihr Roman »Biografie eines zufälligen Wunders«, 2014 »Von Hasen und anderen Europäern«, 2019 ihr Roman »Blauwal der Erinnerung«. 2018 erhielt Tanja Maljartschuk den Ingeborg-Bachmann-Preis. Die Autorin schreibt regelmäßig Kolumnen und lebt in Wien.